Eine Leckage genügt – und das Risiko für Mensch, Umwelt und Betriebssicherheit wächst exponentiell. Warum Havarievorsorge heute mehr ist als nur Pflicht, und wie Organisationen aktiv gegensteuern können.
Warum Havarievorsorge nicht erst bei der Katastrophe beginnt
Die meisten Unternehmen haben ein grundlegendes Risikobewusstsein. Doch die Praxis zeigt: Zwischen einer dokumentierten Gefährdungsbeurteilung und gelebter Notfallkultur klafft oft eine gefährliche Lücke.
Havarievorsorge bedeutet nicht nur, auf eine Havarie zu reagieren, sondern sich umfassend vorzubereiten. Dazu zählen:
- Szenarienanalysen möglicher Leckagen, abhängig von Standort, Betriebsstoff und Infrastruktur
- Organisation von Abläufen im Havariefall: Wer alarmiert wen, in welcher Reihenfolge?
- Trainings & Schulungen für Mitarbeitende, um schnelles und richtiges Handeln zu ermöglichen
- Ausrüstung & Technik, um im Notfall effektiv eingreifen zu können (z. B. Ölsperren, Bindemittel, Pumpen)
Allein in Deutschland sind im Jahr 2023 rund 21 Millionen Liter wassergefährdende Stoffe bei Unfällen in die Umwelt gelangt – fast dreimal so viel wie im Vorjahr. Etwa 3,3 Millionen Liter konnten nicht zurückgewonnen werden und verblieben dauerhaft in Böden und Gewässern. Das zeigen aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes.
Auffällig: Rund die Hälfte der Schadstoffe stammt aus nur vier besonders folgenschweren Unfällen. Die Gesamtzahl der Vorfälle blieb mit 1.876 Fällen nahezu konstant und erreichte den niedrigsten Stand seit 1997.
Der starke Anstieg verdeutlicht, wie stark einzelne Großereignisse die Umweltbilanz belasten können – und wie wichtig konsequente Sicherheitsvorkehrungen sind.
Lernen von der Marine – oder: Was zivile Unternehmen von Notfallteams übernehmen können
Während spezialisierte Einheiten wie Feuerwehr oder THW regelmäßig Einsatzszenarien trainieren, verlässt sich so manches Unternehmen zu stark auf externe Hilfe. Dabei ist der „First Responder“ meist die eigene Belegschaft. Wer dann nicht weiß, welches Bindemittel zu verwenden ist oder wie sich eine Ölsperre korrekt verlegt, riskiert eine Eskalation.
Erfolgsfaktor Übungen: Realitätssimulation im geschützten Rahmen
Ein entscheidender Hebel für effektive Vorsorge sind praxisnahe Übungen. Sie offenbaren Schwachstellen im System, bevor es ernst wird.
„Wer Notfälle simuliert, trainiert keine Angst – sondern Handlungssicherheit.“
Wie viel Havarievorsorge ist Pflicht – und wie viel Kür?
Rechtlich ist die Lage klar:
- § 62 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) verlangt Schutzvorkehrungen beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen
- Anlagenverordnung AwSV regelt Anforderungen an Bau, Betrieb und Kontrolle entsprechender Anlagen
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV §10 Abs. 2) fordert Maßnahmen zur Notfallbewältigung
Was häufig fehlt, ist die Verknüpfung technischer Vorsorge mit organisatorischer Resilienz.
Impulse für Unternehmen: So gelingt der Einstieg in wirksame Havarievorsorge
- Ist-Analyse durchführen: Welche Stoffe und Anlagenteile bergen Risiken?
- Gefährdungsszenarien ableiten: Wo besteht Handlungsbedarf?
- Alarm- und Einsatzplan etablieren: Klarheit über Rollen, Abläufe und Kommunikation
- Technik überprüfen und beschaffen: Von Bindemitteln bis zur Ölbarriere – alles da?
- Regelmäßige Schulungen einführen: Nicht einmalig – sondern fortlaufend
- Übungen durchführen und dokumentieren: Simulationen sind der beste Ernstfalltest
Mehrwert durch externe Unterstützung
Unternehmen, die sich bei der Entwicklung oder Optimierung ihrer Havarievorsorge begleiten lassen möchten, finden in spezialisierten Fachpartnern wie der RAW kompetente Unterstützung – ob durch Ausstattung, Beratung oder realistische Szenarientrainings.
Fazit
Ölunfälle lassen sich nicht gänzlich verhindern – doch ihre Auswirkungen sehr wohl. Wer heute in Havarievorsorge investiert, schützt morgen nicht nur die Umwelt, sondern auch Reputation, Anlagen und Mitarbeitende. Und manchmal macht genau dieser Vorsprung den entscheidenden Unterschied.